Festkörperbatterie: Der Weg zur 1.000km Reichweite im E-Auto?

In den 1980er-Jahren forschte der Physiker John B. Goodenough mit seinem Team an Materialien, von denen eigentlich niemand glaubte, dass sie sich für Hochvolt-Batterien eignen. Doch genau das gelang ihnen. Während herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien in Elektroautos nur eine Nennspannung von rund 1,5 Volt erreichen, schafften es Goodenoughs Experimente, Festkörper-E-Auto-Batterien mit 4 bis 5 Volt zu entwickeln.

„Wir wussten gar nicht, dass man aus diesem Material eigentlich keine so hohe Spannung herausholen kann“, erinnerte er sich später. „Also haben wir es einfach ausprobiert – und es hat funktioniert.“

Wenn diese Batterien so viel Potenzial haben – warum steckt dann noch keine in deinem Auto? Und wann wird sich das ändern – wenn überhaupt?

Eine Festkörperbatterie für E-Autos ist eine weiterentwickelte Batterietechnologie, bei der der flüssige Elektrolyt herkömmlicher Lithium-Ionen-Zellen durch ein festes Material ersetzt wird. Das neue Design macht die Batterie sicherer, energieeffizienter und ermöglicht kürzere Ladezeiten. Eine Serienproduktion steht jedoch noch aus.

Eine Festkörperbatterie besteht aus zwei elektrisch geladenen Komponenten – der Anode und der Kathode – sowie einem festen Elektrolyten. Der feste Elektrolyt schafft die Umgebung, in der sich Ionen (also geladene Atome) bewegen können, damit die Batterie funktioniert. Außerdem verhindert er, dass sich die Elektroden berühren – und schützt so vor Kurzschlüssen.

• Die Anode ist der Bereich, in dem die Batterie Energie speichert, wenn sie geladen ist. Und genau hier liegt der große Unterschied zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien: Durch den festen Elektrolyten kann reines Lithium-Metall verwendet werden, das deutlich effizienter ist. Klassische Batterien müssen dagegen auf Graphit setzen.

• Die Kathode ist die Gegenseite – hierhin fließt die Energie, wenn die Batterie entladen wird. Sie besteht meist aus einer Mischung aus Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt. In Festkörperbatterien für E-Autos ist die Kathode im Prinzip dieselbe wie bei herkömmlichen Batterien.

• Der feste Elektrolyt bildet die mittlere Schicht. Er ermöglicht den Ionentransport zwischen Anode und Kathode und macht die Batterie gleichzeitig deutlich sicherer, da er nicht brennbar ist – im Gegensatz zu flüssigen Elektrolyten.

Festkörperbatterien funktionieren grundsätzlich ähnlich wie Lithium-Ionen-Batterien: Ionen bewegen sich zwischen den Elektroden hin und her, um elektrische Energie zu speichern oder abzugeben. Der entscheidende Unterschied ist, dass anstelle einer Flüssigkeit ein fester Elektrolyt verwendet wird. Dadurch kann an der Anode reines Lithium-Metall statt Graphit eingesetzt werden – und genau das ermöglicht viele der zuvor erwähnten Vorteile.

Graphit, wie es in herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien vorkommt, begrenzt die Energiemenge, die gespeichert werden kann. Um mehr Leistung zu erreichen, müssen die Batterien deshalb größer werden. Eine Lithium-Metall-Anode kann dagegen fast doppelt so viel Energie speichern. Das macht die Batterien leichter – und die Reichweite steigt entsprechend (zumindest bisher in der Theorie). Vor einigen Monaten zeigte Mercedes-Benz, welches Potenzial in dieser Technologie steckt: Ein modifizierter EQS-Testwagen fuhr mit einer Festkörper-E-Auto-Batterie 1.205 Kilometer – von Stuttgart bis nach Malmö – mit nur einer Ladung.

*Obwohl flüssige Elektrolyte brennbar sind, ist das Brandrisiko bei Elektroautos etwa 60-mal geringer als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Theoretisch könnten Festkörperbatterien den Lithium-Ionen-Batterien deutlich überlegen sein. Noch sind sie jedoch nicht so weit entwickelt, dass sie in großer Stückzahl produziert werden können. In Zukunft könnten sie eine höhere Reichweite und Lebensdauer, kürzere Ladezeiten und eine bessere Beständigkeit gegenüber extremen Temperaturen bieten.

• Lithium-Ionen: In modernen Elektroautos meist 300–600 km pro Ladung, mit einem maximalen Potenzial von über 1.000 km.

• Festkörper: Potenziell 20–50 % höhere Energiedichte, was eine deutlich größere Reichweite von über 1.000 km ermöglichen könnte – ohne dass Batteriegröße oder Gewicht zunehmen.

• Lithium-Ionen: In der Regel 500 bis 2.000 Ladezyklen.

• Festkörper: Potenzial für über 5.000 Ladezyklen.

• Lithium-Ionen: Niedrige Temperaturen (z. B. -20 °C) können die Leistung stark beeinträchtigen, während hohe Temperaturen (z. B. +60 °C) die Batterie beschädigen können.

• Festkörper: Voraussichtlich deutlich widerstandsfähiger gegenüber extremen Temperaturen, auch wenn frühe Prototypen noch gewisse Einschränkungen zeigen.

• Lithium-Ionen:

AC: ca. 3–12 Stunden

DC: 10–80 % in 20–40 Minuten (je nach Ladeleistung und Batteriedesign)

• Festkörper:

AC: ca. 3–12 Stunden

DC: 10–80 % in 10–15 Minuten (je nach Ladeleistung und Batteriedesign)

• Lithium-Ionen: Preisgünstig, weit verbreitet und mit ausgereifter Lieferkette. Skaleneffekte machen sie zum Standard für heutige Elektroautos.

• Festkörper: Teuer und derzeit auf Prototypen beschränkt; die Massenproduktion bleibt weiterhin eine Herausforderung.

Aktuell nimmt Japan eine Führungsrolle bei der Entwicklung von Festkörperbatterien ein, maßgeblich durch Toyota. Der Hersteller plant, bis 2027–2028 eine neue Batteriegeneration mit einer Reichweite von rund 1.000 Kilometern auf den Markt zu bringen. In den USA arbeitet ein Start-up an Batterien mit extrem kurzer Ladezeit und rechnet damit, 2026 mit der Massenproduktion zu beginnen. China hingegen treibt aktuell die Produktion von sogenannten halb-festen Batterien stark voran und plant, zwischen 2027 und 2030 vollständig auf Festkörper-E-Auto-Batterien umzusteigen.

Toyota arbeitet hauptsächlich an schwefelbasierten Festkörper-E-Auto-Batterien und hat bereits Fortschritte bei der Verbesserung der Haltbarkeit bekanntgegeben. Parallel dazu erforschen Wettbewerber und Forschungseinrichtungen alternative feste Elektrolyte wie Oxide, Polymere und Glas-Keramiken. Gemeinsam mit dem Chemieunternehmen Idemitsu Kosan plant Toyota den Aufbau einer Kleinserienproduktion für Lithium-Sulfid – ein zentrales Material für den Elektrolyten.

Ziel des Unternehmens ist es, bis 2027–2028 als erster Hersteller weltweit Festkörper-E-Auto-Batterien in Serienfahrzeugen einzusetzen. Die ersten Modelle sollen eine beeindruckende Reichweite von über 1.000 Kilometern erreichen.

Das US-amerikanische Start-up QuantumScape, ein führendes Unternehmen im Bereich Festkörper-Lithium-Metall-Batterien, setzt auf ein anodenloses Design und einen eigenen festen Keramikseparator. Dieses Konzept soll die Energiedichte erhöhen und die Ladezeit von 10 auf 80 Prozent auf unter 15 Minuten verkürzen.

QuantumScape arbeitet eng mit Volkswagens Batteriesparte PowerCo zusammen und hat bereits fortgeschrittene Prototypzellen (die auf dem B1-„Cobra“-Design basierende QSE-5) für Tests in Motorrädern und anderen Fahrzeugen ausgeliefert. Die Serienproduktion der QSE-5-Zelle für den kommerziellen Einsatz könnte bereits 2026 beginnen.

Wie so oft, wenn es um E-Mobilität und Innovation geht, steht China nicht still. Unternehmen wie Chery und Sunwoda entwickeln Hochenergie-Prototypen mit Energiedichten von bis zu 600 Wh/kg. Gleichzeitig arbeiten sie an sogenannten halb-festen Batterien – einem cleveren Zwischenschritt hin zu echten Festkörperbatterien, der sich schon jetzt leichter kommerzialisieren lässt.

Chery hat bereits ein Hochenergiedichte-Batteriemodul auf Festkörperbasis vorgestellt, das eine beeindruckende Zielreichweite von über 1.300 Kilometern anpeilt. Erste Fahrzeugtests sind für 2027 geplant. Darüber hinaus streben die beiden größten chinesischen Batteriehersteller, CATL und BYD, den kommerziellen Start ihrer Festkörper-E-Auto-Batterien im Zeitraum von 2027 bis 2030 an.

Festkörperbatterien stehen noch vor mehreren Herausforderungen – etwa beim Kontakt zwischen den festen Materialien, bei den Produktionskosten, der Skalierung der Fertigung und der Haltbarkeit im Alltag.

In heutigen Elektroautos wie dem VW ID.3 oder dem Fiat 500e wird ein flüssiger oder gelartiger Elektrolyt verwendet. Diese Flüssigkeit umfließt Anode und Kathode problemlos und ermöglicht so den reibungslosen Austausch von Lithium-Ionen. Bei Festkörper-E-Auto-Batterien dagegen kommt ein starrer, fester Elektrolyt zum Einsatz. Das Problem: Feste Materialien verbinden sich nicht so gleichmäßig miteinander wie Flüssigkeiten, die kleine Zwischenräume automatisch füllen.

Doch das ist nur die halbe Herausforderung. Beim Laden eines Fahrzeugs bilden sich auf der Anode mikroskopisch kleine Spitzen aus Lithium-Metall, sogenannte Dendriten – ein normaler Vorgang. Da der Elektrolyt jedoch fest ist, stellen diese Dendriten ein großes Risiko dar: Sie können den Elektrolyten durchstoßen und einen Kurzschluss verursachen. Solange dieses Problem nicht gelöst ist, ist eine industrielle Serienfertigung praktisch unmöglich.

Eine bestehende Lithium-Ionen-Fabrik lässt sich nicht einfach umbauen und als Produktionsstätte für Festkörper-E-Auto-Batterien deklarieren. Für diese Technologie müssen völlig neue Produktionsanlagen gebaut werden. Außerdem ist spezielle Ausrüstung nötig, um die empfindlichen festen Materialien zu verarbeiten und zusammenzusetzen. Das ist teuer – selbst für große Batteriehersteller – und treibt die Anfangskosten entsprechend in die Höhe.

Die Industrie versucht, dieses Problem auf verschiedene Weise zu lösen. So arbeitet beispielsweise Volkswagen mit QuantumScape zusammen, um die Produktion von Kathodenmaterialien für seine Festkörperbatterien zu beschleunigen.

Im Forschungslabor ist es vergleichsweise einfach, eine perfekte Festkörperzelle in Briefmarkengröße herzustellen. Doch Millionen gleichbleibend zuverlässiger und kostengünstiger Zellen in Laptop-Größe oder größer zu produzieren – also im Maßstab eines Elektroautos – ist um ein Vielfaches schwieriger.

Genau deshalb entstehen derzeit viele neue Partnerschaften. So arbeitet Toyota mit Sumitomo Metal Mining zusammen, um die Entwicklungskosten zu teilen, stabile Lieferketten für Materialien zu sichern und sicherzustellen, dass es Abnehmer und reale Einsatzmöglichkeiten für die Batterien gibt, sobald sie marktreif sind.

Eine Batterie in einem Elektroauto muss im Laufe ihres Lebens einiges aushalten. Selbst bei vorsichtigen Fahrern lassen sich Erschütterungen, Hitze oder eisige Kälte nicht vermeiden. Festkörperbatterien müssen all dem standhalten und trotzdem zuverlässig funktionieren.

BMW, Solid Power und Samsung SDI arbeiten genau daran. Die drei Unternehmen haben kürzlich eine Partnerschaft geschlossen: Solid Power liefert den festen Elektrolyten, Samsung SDI produziert die Zellen, und BMW kümmert sich um die Modulentwicklung, das Batteriepacksystem und die Integration ins Fahrzeug. Gemeinsam wollen sie sicherstellen, dass das gesamte System den Belastungen im Automobilbetrieb standhält.

Festkörperbatterien für E-Autos werden voraussichtlich ab 2027 bis 2028 erstmals auf den Markt kommen. Große Automobilhersteller wie Toyota sowie Batterieproduzenten wie Samsung SDI planen, die Massenproduktion zu starten und erste Premium-Modelle damit auszustatten.

Bis sie jedoch in den meisten Elektroautos und anderen Geräten zum Einsatz kommen, wird es noch dauern. Dafür müssen die Produktionskosten deutlich sinken und die Fabriken in der Lage sein, große Stückzahlen herzustellen. Realistisch ist das wohl erst nach 2030.

Bis 2035 sollen Festkörperbatterien eine Gesamtkapazität von rund 1.200 GWh erreichen und damit einen erheblichen Anteil am weltweiten Batteriemarkt ausmachen. Laut Professor Achim Kampker (PEM) könnte das Umsatzpotenzial bei etwa 550 Milliarden Euro liegen – selbst ein kleiner Marktanteil wäre also äußerst attraktiv.

Mehrere Batterietechnologien – darunter weiterentwickelte Varianten der heutigen Lithium-Ionen-Chemie – befinden sich in der Entwicklung, um Reichweiten zu erhöhen, Kosten zu senken und Elektroautos insgesamt erschwinglicher zu machen. Hier ein Überblick über die aktuell vielversprechendsten Alternativen.

Festkörper ist nicht der einzige Weg, Elektroautos weiterzuentwickeln. Auch herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien werden ständig verbessert. Hersteller setzen auf siliziumangereicherte Anoden, Nickel-reichere Zellchemien und moderne LFP-Varianten (wie LMFP), um die Leistung zu steigern – bei gleichzeitig hoher Sicherheit und moderaten Kosten.

Bei dieser Technologie wird Lithium durch das deutlich häufiger vorkommende und günstigere Natrium ersetzt. Natrium-Ionen-Batterien bieten gute Leistung bei niedrigen Temperaturen und können vollständig auf null Volt entladen werden, ohne Schaden zu nehmen. Zwar ist ihre Energiedichte geringer, doch sie sind eine solide, kostengünstige Lösung – etwa für stationäre Energiespeicher oder kleine Stadt-E-Autos.

Diese Batterien der nächsten Generation kombinieren eine Schwefel-Kathode mit einer Lithium-Metall-Anode. Sie eignen sich besonders für Anwendungen, bei denen Gewicht eine entscheidende Rolle spielt – etwa in der Luftfahrt oder bei leistungsstarken Elektroautos. Schwefel ist günstig und reichlich vorhanden, wodurch der Einsatz teurer Materialien wie Kobalt oder Nickel entfällt. Das Problem liegt jedoch im sogenannten „Polysulfid-Shuttle-Effekt“: Er führt dazu, dass die Batterie schnell an Kapazität verliert und ihre Lebensdauer meist nur 300 bis 500 Ladezyklen beträgt.

Festkörperbatterien könnten in Zukunft zur bevorzugten Lösung für Elektrofahrzeuge werden. Aufgrund der hohen Produktionskosten werden sie vermutlich zunächst in Premium-Modellen zum Einsatz kommen – ähnlich wie heutige NCA-Lithium-Ionen-Batterien in leistungsstarken E-Autos wie dem Tesla Model S oder dem Lucid Air. Führende Hersteller wie BMW und Mercedes planen, Festkörperbatterien bis 2030 in ihre Fahrzeuge zu integrieren.

Bis dahin werden klassische Batterietypen wie NMC (hohe Reichweite und Leistung zu einem fairen Preis) und LFP (sicher, langlebig und kostengünstig) weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Sie bieten bereits heute ein hervorragendes Verhältnis aus Kosten, Reichweite und Zuverlässigkeit – und werden stetig weiterentwickelt. Für viele Fahrer bleiben sie daher auch in den kommenden Jahren eine praxisnahe und verlässliche Wahl.